Der Gefahrenübergang der Leistungsgefahr bezeichnet den Zeitpunkt, an dem die Gefahr des zufälligen Untergangs einer Sache vom Verantwortungsbereich des Schuldners in den Verantwortungsbereich des Gläubigers übergeht. Im Kaufrecht ist dieser Zeitpunkt besonders relevant, weil das gesamte Gewährleistungsrecht darauf aufbaut, dass ein Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrenüberganges bestand (inkl. der Beweislastumkehr des § 477 BGB). Mit der Frage des Gefahrenüberganges sind also wichtige Weichenstellungen verbunden. Bestimmen zu können, wann, wo und wie der Gefahrenübergang stattgefunden hat, ist deshalb sehr wichtig. Dieser Beitrag kann und soll nur einen Überblick über die grundsätzlichen Problemkreise des Gefahrenübergangs im Kaufrecht geben.
Gefahrenübergang nach allgemeinem Schuldrecht
Zunächst: Unterscheidung des Leistungsgegenstandes
Einen ersten Anhaltspunkt bietet die Einordnung des Leistungsgegenstandes als Stückschuld oder Gattungsschuld:
Wird eine Stückschuld zerstört, muss der Schuldner (Verkäufer) nicht mehr leisten. Grundsätzlich entfällt dann auch die Gegenleistungspflicht des Gläubigers (Käufer), § 326 Abs. 1 BGB. Hierbei ist allerdings der § 326 Abs. 2 zu beachten.
Handelt es sich bei dem Leistungsgegenstand, wie meist, um eine Gattungsschuld und geht nicht die gesamte Gattung unter, so muss der Schuldner weiterhin leisten. Um diese Härte abzumildern sieht das BGB Möglichkeiten vor, wonach sich eine Gattungsschuld in eine Stückschuld umwandelt. Entscheidend ist hierfür die Art der Schuld, die jeweils bestimmt, was das „zur Leistung erforderliche“ ist, § 243 Abs. 2 BGB.
Konkretisierung des Leistungsgegenstandes nach der Art der Schuld, § 243 Abs. 2 BGB
Bestimmung der Art der Schuld, § 269 BGB
Die Art der Schuld ist Teil des schuldrechtlichen Vertrages. Ist dazu nicht explizit etwas geregelt, gilt der gesetzliche Normalfall der Holschuld aufgrund § 269 Abs. 1 und 2 BGB. Das bedeutet für den Normalfall, dass Leistungsort beim Schuldner (Verkäufer) ist.
Besonderheiten des Gefahrenüberganges im Kaufrecht
Übergabe am Leistungsort, § 446 BGB
Der Gefahrenübergang beim Kaufvertrag findet aufgrund § 446 BGB mit der Übergabe statt. Ort der Übergabe (Leistungsort) ist aufgrund des gesetzlichen Normalfalles des § 296 Abs. 1 und 2 BGB beim Verkäufer (Palandt § 447 BGB Rn. 11).
Versendungskauf, § 447 BGB
Wird ein Versendungskauf vereinbart, und handelt es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff.), geht die Gefahr bereits durch die Übergabe der Sache an den Transporteur über, § 447 BGB. Handelt es sich bei dem Verkäufer um einen Unternehmer (§ 14 BGB) und beim Käufer um einen Verbraucher (§ 13 BGB), ist der Kaufvertrag ein Verbrauchsgüterkauf und die Gefahr geht grundsätzlich erst mit dem Erhalt der Ware auf den Käufer über, § 475 Abs. 2 BGB.