Ein Thema, das im ersten Examen von vielen (mich eingeschlossen) eher vernachlässigt wird, steht in der Station bei der Staatsanwaltschaft im Referendariat von Anfang im Mittelpunkt: die Konkurrenzen nach den §§ 53ff. StGB.
Sie entscheiden darüber, welche Delikte überhaupt bestraft werden und geben den Rahmen für die Strafzumessung vor.
Keine Anklageschrift, kein Strafbefehl, keine Einstellung kommt ohne die, jedenfalls gedankliche, Prüfung der Konkurrenzen aus. Und das ist es was ab sofort in Klausur und Praxis gefordert ist. Insofern kann man die Bedeutung eines sicheren Verständnisses wohl kaum unterschätzen! Dieser Beitrag soll lediglich einen Überblick über die Grundbegriffe der Konkurrenzen geben, nicht mehr. Wer vertieft in das Thema einsteigen möchte, findet am Ende des Beitrages einige Hinweise zu weiterführender Literatur.
Der Filter und die Rechtsfolgen:
Unser Ziel ist es also zu entscheiden, ob mehrere verwirklichte Delikte in Tateinheit oder Tatmehrheit zueinander stehen. Der erste Schritt dafür ist zu klären, ob sie durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen verwirklicht wurden. Und das geschieht im Ausschlussverfahren: alle Geschehensabläufe, die nicht auf einer Ausführungshandlung („Handlungen im natürlichen Sinn“) beruhen oder als eine einheitliche Handlung bewertet werden („Handlung im rechtlichen Sinn“), beruhen auf mehreren Handlungen. Denn im Ergebnis geht es auch hier um eine (Be-)wertung des tatsächlichen Geschehens.
Die Handlung im natürlichen Sinn:
Die Handlung im rechtlichen Sinn:
Wenn ein Geschehen in keine der oben beschriebenen Konstellationen fällt, liegen mehrere Handlungen vor.
Gesetzeskonkurrenzen bei Handlungseinheit
Jetzt kommen die gesetzlichen Konkurrenzen ins Spiel, die eigentlich verwirklichte (und im besten Falle auch geprüften) Delikte verdrängen können. Diese verdrängten Delikte sind straflos und werden nicht mehr erwähnt.
Die Delikte, die jetzt noch „stehen bleiben“ stehen in Tateinheit, § 52 StGB, zu einander.
Gesetzeskonkurrenz bei Handlungsmehrheit
Die Delikte, die jetzt noch „stehen bleiben“ stehen in Handlungsmehrheit, § 53 ff. StGB, zueinander.
Und in der Klausur?
In den Klausuren läuft ein Großteil dieser Prüfung nur gedanklich ab, weil das Ergebnis der Konkurrenzen ohne weitere Begründung festgestellt werden kann und sollte. Dafür müssen die Grundlagen natürlich sitzen. Es reicht aber auch aus festzuhalten, welche Delikte „durch Gesetzeskonkurrenz verdrängt wurden“, da die konkrete Einordnung in die Untergruppen der Gesetzeskonkurrenz auch umstritten sein können. Macht es euch so einfach wie möglich, und geht nicht das Risiko ein, Fehler zu machen, weil ihr genauer arbeiten wollt, als von euch erwartet wird (ich kann den Impuls verstehen, wirklich!). Im zweiten Examen habt ihr den Vorteil, dass im Fischer zu jedem Tatbestand auch die Konkurrenzen abgehandelt werden. Im Notfall kann das ein Anker sein.
Außerdem bin ich davon überzeugt, dass man, wenn man die Grundstruktur einmal verstanden hat, auch sehr weit kommt und keine Angst vor den Konkurrenzen haben muss.
Weiterführende Links und Literatur
- Kaiser/Holleck/Hadeler: Materielles Strafrecht im Assessorexamen, Rn. 35ff.
- Juracademy: Konkurrenzen
- Joecks/Jäger, Studienkommentar StGB, vor § 52 StGB
- Fischer, StGB, vor § 52 StGB