Lohnt sich der Aufwand, der mit der Verwendung von Sketchnotes einhergeht überhaupt? Immerhin gehört eine Menge Übung und Wiederholung dazu, bis die Icons und Strukturelemente leicht von der Hand gehen. Wenn ihr mich fragt: JA! Denn wir sind visuelle Wesen in einer visuellen Welt.
Die Verwendung von Sketchnotes bei Vorlesungen, aber auch bei Zusammenfassungen oder Lernkarten, macht es leichter Perfektionismus und Angst loszulassen. Indem ich mich beim Erstellen einer Sketchnote auf das Wesentliche konzentriere und das Gehörte sofort strukturiere und einordne, ist es mir möglich die größeren Zusammenhänge zu erkennen und mich nicht in den kleinsten Einzelheiten zu verlieren. Sketchnotes zwingen zum aktiven Verarbeiten der Inhalte und verhindern so ein rein passives Aufnehmen ohne eigene Verknüpfungen. Viele Menschen sind heute problemlos in der Lage, das Gesagte in Echtzeit zu tippen. Bei einer solchen Herangehensweise fehlt jedoch die Verabeitung der Informationen, die zwingend für das Verstehen und Behalten des Gelernten notwendig ist. Und wenn angehende Juristinnen für eines keine Zeit haben, dann sind es ineffektive Lernmethoden.
Der größte Vorteil von Sketchnotes gegenüber einfachen Mitschriften, ist, nach der dualen Kodierungstheorie, dass beide Kodierungsebenen der Verstandes benutzt werden. Das ist zum einen die visuelle Kodierung, die Konzepte in Bildern begreift, und zum anderen die verbale Kodierung, die Konzepte in Worten begreift. Werden diese beiden Ebenen gleichzeitig angesprochen, arbeitet das ganze Gehirn. Es entstehen assoziative Verknüpfungen zwischen Bildern und Worten, die auch Monate später das Gesagte wieder präsent erscheinen lassen. Mike Rohde spricht in seinem Sketchnote Handbuch deshalb, von Sketchnotes als „Landkarten der Erinnerung“. Sketchnotes sind mehr als der Dritte sehen kann, sie sind persönliche Ausdrucksformen des Verstandes.
Hinzu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit sich etwas zu merken steigt, je mehr Sinne verwendet werden. Zum erstellen einer Sketchnote höre ich das gesagte, sehe meine eigenen Texte und Zeichnungen und fühle den Stift auf dem Papier. Körper und Verstand arbeiten so eng zusammen, dass nur sehr wenig Raum für Ablenkungen besteht. Und das allein ist schon ein Wert an sich.
Im Besten Falle stellt sich sogar der Flow-Zustand ein.
Als Flow wird ein beglückender Zustand der völligen Konzentration und Vertiefung in eine Aufgabe bezeichnet, die zwar eine mentale Herausforderung, aber keine Überforderung darstellt. Geprägt wurde der Begriff von Mihály Csíkszentmihályi.
Dieser Zustand macht das Studieren oder das wissenschaftliche Arbeiten erst zu einem erfüllendem Erlebnis.
Und deshalb sage ich: Probier es aus! Dazu brauchst du nur Papier und Stift, den Mut der Kreativität einen Raum im juristischen Denken zu geben und Geduld mit dir selbst. Das Schöne ist aber: Sketchnotes müssen nicht schön sein, niemand muss sie teilen und niemand außer dir selbst muss sie sehen. Sie sind deine persönlichen Werkzeuge. Dabei dienen sie immer nur der Ergänzung von Text, niemals der Ersetzung. Lass dich also nicht abschrecken, sondern fang einfach an.
Ideen, nicht Kunst!
Mike Rohde
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